Die grüne Kriegsfront

USA verordnen dem von ihrem Militär besetzten Irak den Anbau von genmanipuliertem Getreide. Millionen Kleinbauern droht der Ruin

Als "extrem" hatte nicht nur die New York Times den Plan der Bush- Regierung zur marktwirtschaftlichen Umgestaltung des Irak bezeichnet. Mit welcher Rücksichtslosigkeit die eroberte Volkswirtschaft den ökonomischen Interessen der USA unterworfen werden soll, läßt sich auch am Beispiel der irakischen Landwirtschaft belegen.

Gemäß dem von der US-Besatzung durchgesetzten Gesetz, das auch für den angeblich souveränen Irak gilt, erhält die irakische Landwirtschaft, in der hauptsächlich Kleinbauern beschäftigt sind, keine Subventionen mehr. Auch wird sie nicht länger durch Zölle gegen Billigimporte aus den USA geschützt. Derweil werden die hochproduktiven Großbetriebe der US-amerikanischen Landwirtschaft nach wie vor mit großzügigen Subventionen aus Washington verwöhnt.

Diktat der Besatzer

Washingtons damaliger Statthalter in Bagdad, Paul Bremer, hatte Ende Juni die neuen Vorschriften ins irakische Gesetzbuch schreiben lassen und damit das Schicksal der irakischen Kleinbauern besiegelt. Deren Betriebsaufgabe war nun nur noch eine Frage der Zeit. Schließlich sind lediglich irakische Großbetriebe und nicht die Kleinbauern für die agro-industriellen US-Konzerne die geeigneten Kunden. Deshalb hat die Besatzungsmacht der irakischen Bevölkerung auch die weltweit wohl am weitesten reichenden Gesetze zur Einführung und Vermarktung genmanipulierter Produkte aufgezwungen. Insbesondere geschah dies mit dem Gesetz Nr. 81 der CPA, der Provisorischen Autorität der Koalition, vom 26. April 2004.

Dieses Gesetz, angeblich erlassen zum "Schutz von Patenten und Erfindungen", enthält einen umfangreichen Teil, der sich ausschließlich mit der Produktion und Vermarktung genmanipulierter Getreidesaat beschäftigt. Die Wünsche des US-Marktführers Monsanto stehen dabei im Vordergrund, als habe der Konzern Paul Bremer bei der Niederschrift der Artikel die Hand geführt. Monsanto, das sich auch im Vietnam-Krieg mit der Herstellung des hochgiftigen "Agent Orange" für die chemische Kriegsführung zur Entlaubung des Baumbestandes hervorgetan hatte, ist seit vielen Jahren stark in der Gentechnologie engagiert. Inzwischen kontrolliert das Unternehmen über 90 Prozent aller weltweit angebauten sogenannten "transgenetischen" Getreidesorten, bei denen die sogenannte Terminatortechnologie zur Geltung kommt. Darunter ist die Produktion von sterilen Getreidesorten zu verstehen; dabei dürfen die Bauern nicht mehr, wie seit Urzeiten gewohnt, einen Teil der Ernte aufheben, um sie dann als Saatgut wiederzuverwenden. Sollte sich der Konzern durchsetzen, müssen die irakischen Bauern in Zukunft jedes Jahr für viel Geld neues und nur einmal verwendbares Saatgut bei Monsanto kaufen.

Dennoch läßt der weltweite Durchbruch der genmanipulierten Landwirtschaft auf sich warten. In Europa macht den Konzernen der breite Widerstand der Bevölkerung wegen deren Bedenken angesichts der unabsehbaren Folgen des Einsatzes genmanipulierter Pflanzen auf die Umwelt und den Menschen zu schaffen. Und in den Ländern der Dritten Welt sind die Kleinbauern schlicht zu arm, um jedes Jahr bei Monsanto neues Saatgut zu kaufen. Monsantos Beteuerungen, daß seine Designerpflanzen widerstandsfähiger gegen Schädlinge und auch ergiebiger im Ertrag seien, hilft da wenig. In der Dritten Welt erfreut sich die "Terminator"-Technologie lediglich in landwirtschaftlichen Großbetrieben einer gewissen Beliebtheit.

Patentiertes Saatgut

Im Oktober hat die Umweltschutzorganisationen "Focus on the Global South" und GRAIN die Weltöffentlichkeit alarmiert, daß im Irak das uralte System der irakischen Bauern - die Aussaat von gesetzlich nicht reguliertem Saatgut - durch die neuen Gesetze der US-Besatzer verboten wird. In Zukunft solle nur noch patentiertes Saatgut der transnationalen Konzerne zum Einsatz kommen. Offiziell werde das neue Gesetz von den US-Besatzern als notwendiger Schritt dargestellt, "um die Versorgung des Irak mit hochwertigem Getreide zu sichern" und den "Wiederaufbau der irakischen Landwirtschaft" voranzutreiben. Tatsächlich aber werde dadurch Konzernen wie Monsanto, Syngenta, Bayer und Dow Chemical die "Durchdringung der irakische Landwirtschaft ermöglicht". "Die USA haben ihre Patente auf Pflanzen und Lebewesen rund um die Welt im Rahmen von Handelsverträgen bereits vielen Ländern aufgezwungen. Im Irak haben sie es dagegen getan, nachdem sie das Land überfallen und besetzt hatten." Das, so einer der Autoren des Berichts, sei genauso "unmoralisch wie unakzeptabel".

Rainer Rupp