Mit totem Soldaten gegen Rüstungsmilliarden

"Die Privatisierung von Militärdienstleistungen ist ein weltweites Geschäft mit einem Gesamtvolumen von etwa 200 Milliarden US-Dollar" (Junge Welt 26.10.07)

An die täglichen Meldungen über Milliardenverluste auch und gerade angeblich seriöser Banken haben wir uns schon fast gewöhnt. Die äußerst kompetenten Exzellenzmanager werden angemessene Abfindungen kassieren, weich fallen und zudem sicherlich bald wieder einen Job finden, der ihren für den real existierenden Kapitalismus unverzichtbaren Fähigkeiten entspricht - wenn ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist. Wenn es darum geht, durch Steuern und sozialstaatliche Maßnahmen, denen, die nichts oder fast nichts haben, ein wenig zu geben, so hetzen Manager, Unternehmerverbände und Medienmeute gegen gleichmacherischen Sozialismus, der Faule, Unfähige und Schmarotzer belohnt und uns alle ins Unglück stürzt. Müssen aber die von den potenten Herren der Einrichtungen des Finanzkapitals (Banken, Anlagenberatungs- und Ratingfirmen) produzierten Milliardenverluste abgefangen werden, dann wird von Ackermann (Deutsche Bank) bis Zetsche (Daimler Benz) nach dem Staat gerufen und der Steuerzahler in die Pflicht genommen, ohne dafür auch nur die geringste Gegenleistung zu erhalten - außer der Gewissheit, dass die, die so laut nach dem Steuerzahler rufen, mehr als nur einen Koffer in Liechtenstein deponiert haben. Erhalten die Milliardenverluste produzierenden Herren Abfindungen für ihre 'Leistungen', werden die Lohnabhängigen entlassen mit der Perspektive in nicht allzu ferner Zukunft Hartz IV Empfänger zu sein und als Faulenzer usw. von der Medienmeute vorgeführt zu werden.

Nicht nur periodisch in Wirtschaftskrisen fährt die herrschende Klasse Milliarden an die Wand. Mit Rüstungsproduktion werden tagtäglich Jahr für Jahr Milliarden zum Fenster hinausgeworfen, die man im Interesse der Mehrheit sinnvoll verwenden könnte. Ganz zu Beginn haben wir auf das Geschäftsvolumen von 200 Milliarden US-Dollar der Spitzenprofikiller hingewiesen. Militärdienstleister ist die offizielle Bezeichnung für diese global agierenden professionellen Mörderbanden.

Doch nicht nur die, die das direkte Mördergeschäft weltweit vor Ort betreiben lassen, kassieren ab. Auch die, die die Werkzeuge, Mordwaffen aller Art vom schlichten Gewehr bis hin zu HighTechKillerInstruments produzieren lassen, machen hervorragende Geschäfte - gestützt und geschützt von der EU, die der Aufrüstung Verfassungsrang verliehen hat. Bei EADS, dem europäischen Rüstungskonzern, stieg der Auftragsbestand "im Rüstungssektor von 22 auf 53 Milliarden Euro, also um über 140 Prozent. (...) Der EADS-Bilanzbericht 2006 schwärmt von 'Rekordauslieferungen im Verteidigungssektor' und steigenden Rüstungsprofiten (plus 58% gegenüber dem Vorjahr)." (lunapark 21, 1-08, S.58f.) Deutschland ist inzwischen in der EU Spitze im Waffenexport. Ihm gelang von 2005 auf 2006 die Steigerung der Waffenexporte um das Zweieinhalbfache. Und damit nicht genug. Der ehemalige Abteilungsleiter Rüstung im Berliner Kriegsministerium und jetzige Chef der EU Verteidigungsagentur. Alexander Weis verkündet das Jahr 2008 als 'Jahr der Rüstung' für Europa. (Lunapark21, S.59)

Klaus Naumann, deutscher General a.D., tritt mit Kollegen aus anderen Ländern dafür ein, einen Konflikt mit dem Ersteinsatz von Atomwaffen präventiv zu beginnen, wenn es z.B. gegen Verdächtige geht, die möglicherweise Atomwaffen weiterverbreiten könnten. (JW 2.4.08). Das schöne Fremdwort ‚präventiv' bedeutet ‚vorsorglich', praktisch heißt das, wenn ich den Eindruck habe, jemand wolle mir an den Kragen, dann kann ich in präventiver Notwehr ihn außer Gefecht setzen. Deutsche Gerichte haben schon mehrfach der Polizei putative Notwehr zugute gehalten, wenn sie einen Menschen getötet hat, dessen Unschuld sich später herausstellte. Putativ heißt in diesem Fall vornehm übersetzt ‚vermeintliche' Notwehr. Wenn man sich klar ausdrückt, spricht man besser von ‚eingebildeter' Notwehrsituation. Bei Herrn Bush mit seinem notorischen Verfolgungswahn und seiner umwerfende Wahrheitsliebe haben wir ja schon mehrfach erlebt, mit welch dürftiger Begründung kriegerische Präventivmaßnahmen ergriffen werden. Jetzt also will die Nato präventiv und putativ den Ersteinsatz von Atomwaffen, wann immer sie das für sinnvoll hält. Der deutsche General a.D. kann sich für sein putatives atomares Präventionsprojekt der Unterstützung durch Bundeskanzlerin Merkel sicher sein. Von einem Experten wird die deutsche Bundeskanzlerin im Nato Brief als Vorbild gelobt, weil sie sich "klar für die Verabschiedung eines neuen strategischen Konzepts beim Nato Gipfel 2009 ausgesprochen habe." - übrigens als "einzige unter den Regierungschefs der europäischen Mitgliedsstaaten." (JW)

Doch nicht nur die Oben sollen etwas haben, auch die unten dürfen von Nato, Militär, Rüstung, Präventivkrieg und Auslandseinsätzen profitieren. Dafür sorgt die vorbildliche Kooperation von Arbeitsagentur und Bundeswehr, hier am Beispiel der Frankfurter Arbeitsagentur: "Der Wehrdienstberatungsoffizier Martin Würz wirbt Jugendliche in der Arbeitsagentur mit der tollen materiellen Absicherung für die Bundeswehr" Die kleinen Nachteile benennt er auch, dass die Kriegswilligen "dann zu zwölf Jahre lang zu Einsätzen nach Afghanistan oder anderswo verpflichtet wären - und von dort möglicherweise 'nicht so gesund' zurückkehren könnten, wie sie aufgebrochen sind." (JW 4.3.08)

Ihre mörderisch-tödlichen Arbeitsplätze bietet die Bundeswehr auch bei uns hier in Erbach und wohl an allen Standorten von Arbeitsagenturen an.

Die Frankfurter Arbeitsloseninitiative in der IG-Metall hat gezeigt, wie man sich gegen solche "Arbeitsangebote" wehren kann: mit Aufklärungs- und Protestaktionen bei denen sie vor der Tür der mit der Bundeswehr kooperierenden Arbeitsagentur "eine Bahre mit einem toten Soldaten' ablegte, um die jungen Leute zu warnen" (JW 4.3.08)

Was die Frankfurter/innen können, dürften auch andere zustande bringen, phantasievoll und kreativ weiter entwickeln. Wir von der Straßengazette, und sicher auch unsere Leserinnen und Leser, sind für Berichte von solchen Aktionen - gerne auch mit Fotos- dankbar.

Reinhold Fertig