Am 19 Mai starb Bernd Päschke 81jährig einem Altenheim in Berlin-Schöneiche. Er war Professor für praktische Theologie in Mainz, aber alles andere als ein deutscher Professor: er war vor allem einer von uns, Genosse. Bernd war Mitglied in der Bewegung Christen für den Sozialismus, die sich nach dem Militärputsch in Chile 1973 auch in Deutschland gegründet hatte, und die bis heute eine der wichtigsten Unterströmungen linken, befreiungstheologischen Christentums ist. Schon früh engagierte er sich in der El Salvador-Bewegung. Er war nicht nur auf überregionaler und bundesweiter Ebene organisierend und vermittelnd aktiv, sondern immer wieder auch im Land selbst, in Zeiten des Befreiungskampfes, und auch schon vorher: Begegnungen mit Oscar Romero, mit VertreterInnen der FMLN, aber vor allem und immer wieder Begegnungen mit den leidenden und kämpfenden Menschen im Land prägten sein Leben. Er versuchte diese Erfahrungen in seinen Büchern „Salvadorianische Passion“ (1985), „Befreiung von unten lernen“ (1987) oder „Massaker im Namen der Freiheit“ (1982) zu verarbeiten und weiterzugeben. Seine Solidarität war ihm tief eingeschrieben, bis zu seinem Lebensende hat sie ihn geprägt und beschäftigt. In „Salvadorianische Passion“, einer Dokumentation der Karwoche El Salvadors aus der Perspektive der Basisgemeinden schrieb er im Vorwort: „Eine Aufarbeitung meiner Eindrücke und Erfahrungen ist mir bis heute nicht gelungen. Ich bin damit nicht fertig geworden … Ich möchte darum auf den folgenden Seiten vor allem die Betroffenen selbst zu Wort kommen lassen.“
Darum ging es ihm: diesen Menschen eine Stimme zu geben, und da, wo das nicht ging, mit der Autorität dessen, der bei diesen Menschen war, für sie zu sprechen: Die US-amerikanische Politik anzuprangern, gegen den Imperialismus zu kämpfen, für herrschaftsfreie Verhältnisse einzutreten. Dabei teilte er das, was er hatte, immer auch mit denen, die den gleichen Kampf kämpften. Ich erinnere mich noch gut an sein Engagement für den befreiungstheologischen Verlag edition liberación, der aus der Bewegung ChristInnen für den Sozialismus entstanden war. Hier hat er nicht nur Bücher veröffentlicht, sondern ganz konkret auch mit seinem Geld die Veröffentlichung unserer Bücher unterstützt. Bernd gehörte zu jenen der 68er-Generation, die ganz selbstverständlich und bis heute ihr Leben für und in „Gleichheit Freiheit Geschwisterlichkeit“ lebten: kraftvoll, inspirierend, motivierend immer auch ein wenig chaotisch, zwischen seinen immensen Stapeln gesammelter Informationen, Desinformationen und Gegeninformationen, und zugleich immer fröhlich. In den letzten Jahren ging es ihm zunehmend schlechter. Ab und an versuchte er, wieder Anschluss an unsere Bewegungen zu finden, meldete sich hie und da, aber ich glaube, ihm fehlte die Kraft, auch angesichts der dunklen Zeiten im neoliberalen Kapitalismus. Nie ist er aber nur einen Millimeter von seiner Überzeugung als Linker und Christ abgewichen, dass die Menschen, deren Leben vorzeitig zu Ende geht, das Gravitationszentrum allen Handelns sein sollten.
¡Hasta la resurrección!, Bernd!
Michael Ramminger in ILA Juni 2012 (Vorabdruck)